Dialogformat "Lernen miteinander zu reden"
Als Netzwerk der Berliner Clubkultur mit über 350 Mitgliedern vertreten wir die Berliner Clubkultur samt ihrer diversen Perspektiven und Hintergründe. Wir sehen es als unsere Aufgabe, diese Pluralität ernst zu nehmen, zu wertschätzen und zu fördern. Deshalb möchten wir mit dem mehrteiligen Dialogformat „Lernen miteinander zu reden“ einen Raum für gegenseitigen Respekt und Verständigung schaffen, der vielfältige Perspektiven zulässt. In diesem Prozess wollen wir gemeinsam schauen, was wir uns für die Berliner Clubkultur wünschen, wie wir gemeinsam etwas entstehen lassen können, um gegen Spaltung und Fragmentierung in der Szene vorzugehen, Vertrauen zu stärken und Antisemitismus und Rassimus entschieden entegenzuwirken.
Ziel ist es dabei, herauszufinden, wie wir gemeinsam aus Fehlern lernen und in die Zukunft blicken können, um möglichst sichere und solidarische Rahmenbedingungen und Räume für Alle in der Clubkultur Berlins zu kreieren. Dabei kann und soll es jedoch in diesem Rahmen nicht darum gehen geopolitische Konfliktlinien und Kriegsgeschehen aufzuarbeiten.
In der ersten Veranstaltung wollen wir eine gemeinsame Sprache finden, uns zu derzeitigen Ängsten, Unsicherheiten, Verletzungen sowie Vorfällen in der Clubkultur in den letzten Monaten austauschen und gemeinsam reflektieren, um einen kollektiven Einstieg in den Dialogprozess zu finden.
Um den Dialograum so sensibel und sicher wie möglich halten zu können, wird die Veranstaltung durch ein erfahrenes Awareness- und Mediationsteam unterstützt, das verschiedene Positionierungen mitbringt.
Wir möchten damit einen Rahmen schaffen, in dem Diskussionen stattfinden können, die respektvoll und offen sind, und alle Teilnehmenden ermutigt zu teilen und aufeinander einzugehen. Deshalb wird dies ein geschlossener Raum für eingeladene Personen sein. Wir würden uns sehr freuen, wenn du deine persönliche Einladung annimmst und so die erste Veranstaltung um deine Perspektive bereicherst.
Hintergrund zu „Lernen miteinander zu reden“:
Berlin ist ein kreativer und kultureller Schmelztiegel, der Menschen und Strömungen aus der ganzen Welt zusammenbringt und für sie ein Zuhause ist. Möglich wurde das, weil die Stadt schon lange als Ort bekannt ist, in dem Kreativität, Vielfalt, Vielstimmigkeit und demokratische Beteiligung offen gelebt werden. Genau diese Werte und Rahmenbedingungen bilden auch den besonderen Nährboden, der die Entwicklung der pluralen, weltweit einzigartigen und für die Stadt und ihre Gesellschaft bedeutsame clubkulturelle Landschaft und Szene ermöglicht hat.
Aktuell spiegeln sich die Ereignisse in Palästina und Israel in extremer Weise in den gesellschaftlichen und insbesondere in den kulturpolitischen Debatten Deutschlands wider. Die Folgen des Kriegs und der damit verbundene Umgang in Deutschland hat besonders starke Auswirkungen und Brüche in der Berliner Kultur- und insbesondere der Clubszene. Clubs, Plattformen, Kollektive und Künstler:innen wurden gecancelt, Orte nicht bereitgestellt, Djs wurden aus Lineups genommen und ganze Veranstaltungen abgesagt. Es kam zu gewaltsamen Übergriffen, Ausgrenzungen und Anfeindungen. Öffentliche Förderungen wurden in Frage gestellt oder gestrichen. Clubgäste fühlen sich zunehmend unsicher und Clubbetreibende, Veranstalter:innen Kollektive und Künstler:innen fürchten um ihre Zugänge, Stellungen, Rechte und Bedingungen für ihr künstlerisches Schaffen und die kreativen Räume.
Es werden Vorschläge laut, Förderungen an die Äußerungen von Künstler:innen und Orten über den Konflikt in Nahost zu knüpfen, gleichzeitig überschlagen sich die traditionellen wie sozialen Medien mit öffentlichen Anschuldigungen und Denunzierungen, anstatt dass Räume zur Diskussion und zum kritischen Austausch geschaffen werden. In den öffentlichen Debatten werden jüdische und muslimische/muslimisch gelesene Gemeinschaften voneinander gespalten und teils gegeneinander ausgespielt. Es herrscht ein Klima der Angst, Enttäuschung und des Rückzugs, Dialog zwischen den von der derzeitigen Gewalt betroffeneren Gemeinschaften und verschiedenen Positionen wird verunmöglicht und offene Austauschräume zu Rassismus und Antisemitismus schwinden fortlaufend. Dabei sind beide Phänomene nicht erst seit dem 7. Oktober eine traurige Realität in der Clubkultur und der gesamten Gesellschaft und ein Problem, das es tatkräftig anzugehen geht.
In Zeiten, in denen Rechtspopulismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen und Rechtsextremismus wieder eine zunehmende Bedrohung in Deutschland ist, halten wir diese Entwicklungen für gefährlicher denn je. Gerade jetzt müssen wir uns zusammentun und auf der Basis gemeinsamer Werte dagegen angehen.