Speaker:innen:

Camille Barton ist ein:e interdisziplinäre:r Künstler:in, Autor:in, und Pädagog:in und arbeitet an der Schnittstelle von sozialem Wandel, Antirassismus, Drogenpolitik sowie transformativer Gerechtigkeit und bringt viel Expertise im Begleiten von Community Accountability Prozessen mit. Camille Barton wurde in den USA in Restorative Justice und Embodied Peer Counseling ausgebildet und leitet das Collective Liberation Project, das über Formen von Unterdrückung wie Rassismus und Sexismus und deren Funktionsweise im kulturellen Kontext aufklärt. Camille ist außerdem künstlerische:r Leiter:in und Booker:in für Emergent Bass, eine Veranstaltungsreihe, die den Einfluss der Afro-Diaspora in der elektronischen Musik und der Underground-Clubkultur feiert. Camille leitet das Masterprogramm Ecologies of Transformation (2021 – 2023) am Sandberg Institut, das erforscht, wie Kunst und Verkörperung sozialen Wandel ermöglichen können.

Camille spricht in dem Input darüber, inwiefern Embodiment eine hilfreiche Praktik für Community Accountability Prozesse darstellt und fragt danach, wie wir sicherere Räume innerhalb eines Clubs schaffen können, die keine Systeme der Unterdrückung und Diskriminierung reproduzieren.

Hier könnt ihr euch den Input von Camille anhören!

Gizem Adiyaman ist tätig in der Party-Promotion, Podcast-Produktion und politischen Bildung. Zusammen mit ihrer besten Freundin Lucia Luciano gründete sie 2017 die Veranstaltungsreihe und das Soundsystem Hoe_mies, das sich auf weibliche und LGBTQI Künstler:innen, insbesondere im Hip-Hop, konzentriert. Adiyaman und Luciano sind auch die Gastgeberinnen des Podcasts »Realitäter*innen«. Sie sprechen darüber, wie wichtig es ist, marginalisierten Identitäten eine Plattform zu geben, um den Mainstream über ihre Realitäten aufzuklären und Licht auf typischerweise tabuisierte Themen wie Sexarbeit, das Gefängnissystem und Obdachlosigkeit zu werfen.

Gizem berichtet über Erfahrungen von »Cancel Campaigns» und Public Call Outs, die sie selbst mit ihrem Kollektiv und Podcast erlebt hat, wie sie damit umgegangen ist und welche Erkenntnisse sie aus diesen Prozessen mitgenommen hat. Gizem gibt abschließend konkrete Handlungsanweisungen dazu, welche Möglichkeiten und Schritte es gibt, mit einer Cancel Campaign umzugehen.

Hier könnt ihr euch den Input von Gizem anhören!

Erkenntnisse und Ausblick

  • Das menschliche Nervensystem ist unter kapitalistischen Verhältnissen, diskriminierenden Strukturen und vor allem auch im Clubkontext und eventuellen Drogeneinflüssen erhöhtem und andauerndem Stress ausgesetzt. In Konfliktsituationen führt dieser Stress zu einer fight-or-flight Reaktion bzw. zu einem Freeze Response, sodass es in diesem dissoziativen Zustand schwieriger wird, andere Menschen zu hören. In diesen Situationen ist es daher wichtig, nicht sofort zu reagieren, sondern innezuhalten und zu warten, bis Kapazität oder Raum vorhanden ist, um sich mit dem Konflikt und sich dem daran anschließenden Prozess in einem klaren und bewussteren Zustand auseinanderzusetzen.
  • Der embodied und trauma-informierte Ansatz sollte in die Schulung von Awareness-Teams und in die Entwicklung von Richtlinien für Veranstaltungen eingebunden werden, sodass im Falle von Diskriminierung und Konflikten nicht nur ein Bewusstsein dafür besteht, wie logistisch mit der Situation umgegangen wird, sondern auch dafür, was im Nervensystem der betroffenen Person und im Nervensystem der Person, die den Schaden verursacht hat, passiert. Es ist wichtig, zu verstehen, dass sowohl die betroffene als auch die tatausübende Person dissoziieren können und lernen, wie wir in diesen Momenten navigieren und unterstützen können.
  • Um Menschen, die Schaden verursacht haben, wieder einen Weg zurück in die Community zu ermöglichen, ist es auf der einen Seite wichtig, dass sie ihre Tat eingestehen und bereit und willig sind, an sich zu arbeiten und den Prozess aktiv mitzugehen. Auf der anderen Seite leben wir in einem strafenden Staat, in dem wir es nicht nur gewohnt sind, sondern sogar Vergnügen daran finden, tatbegehende Personen zu bestrafen. Daher ist es notwendig, dass sich die Community dieses Vergnügen eingesteht und somit offen wird, einen anderen Weg zu finden, um Systeme der Gerechtigkeit zu transfomieren und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.
  • In Konfliktsituationen sind immer mehr Rollen beteiligt als nur Opfer und Täter:in, wie beispielsweise Bystander und Zeug:innen. Für Community Accountability Prozesse ist es wichtig, diese Binaritäten aufzubrechen und sich bewusst zu machen, dass Rollen fluide sind und sich je nach Kontext auch verändern können.
  • Eine Möglichkeit für nachvollziehbare Community Accountability Prozesse ist die Schaffung von transparenten Kommunikationsprozessen. Wir brauchen für das Durchführen und Begleiten von Accountability Prozessen mehr nachhaltige Instrumente und Umgangsweisen als toxische Schuldzuweisungen und “Cancel-Kulturen” in den sozialen Medien sowie externe Unterstützung und Förderung für Schulungen zur Schadensminderung und Entwicklungen von Strukturen und Ressourcen innerhalb unserer Clubs.

Speaker:innen:

Camille Barton ist ein:e interdisziplinäre:r Künstler:in, Autor:in, und Pädagog:in und arbeitet an der Schnittstelle von sozialem Wandel, Antirassismus, Drogenpolitik sowie transformativer Gerechtigkeit und bringt viel Expertise im Begleiten von Community Accountability Prozessen mit. Camille Barton wurde in den USA in Restorative Justice und Embodied Peer Counseling ausgebildet und leitet das Collective Liberation Project, das über Formen von Unterdrückung wie Rassismus und Sexismus und deren Funktionsweise im kulturellen Kontext aufklärt. Camille ist außerdem künstlerische:r Leiter:in und Booker:in für Emergent Bass, eine Veranstaltungsreihe, die den Einfluss der Afro-Diaspora in der elektronischen Musik und der Underground-Clubkultur feiert. Camille leitet das Masterprogramm Ecologies of Transformation (2021 – 2023) am Sandberg Institut, das erforscht, wie Kunst und Verkörperung sozialen Wandel ermöglichen können.

Camille spricht in dem Input darüber, inwiefern Embodiment eine hilfreiche Praktik für Community Accountability Prozesse darstellt und fragt danach, wie wir sicherere Räume innerhalb eines Clubs schaffen können, die keine Systeme der Unterdrückung und Diskriminierung reproduzieren.

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Gizem Adiyaman ist tätig in der Party-Promotion, Podcast-Produktion und politischen Bildung. Zusammen mit ihrer besten Freundin Lucia Luciano gründete sie 2017 die Veranstaltungsreihe und das Soundsystem Hoe_mies, das sich auf weibliche und LGBTQI Künstler:innen, insbesondere im Hip-Hop, konzentriert. Adiyaman und Luciano sind auch die Gastgeberinnen des Podcasts »Realitäter*innen«. Sie sprechen darüber, wie wichtig es ist, marginalisierten Identitäten eine Plattform zu geben, um den Mainstream über ihre Realitäten aufzuklären und Licht auf typischerweise tabuisierte Themen wie Sexarbeit, das Gefängnissystem und Obdachlosigkeit zu werfen.

Gizem berichtet über Erfahrungen von »Cancel Campaigns» und Public Call Outs, die sie selbst mit ihrem Kollektiv und Podcast erlebt hat, wie sie damit umgegangen ist und welche Erkenntnisse sie aus diesen Prozessen mitgenommen hat. Gizem gibt abschließend konkrete Handlungsanweisungen dazu, welche Möglichkeiten und Schritte es gibt, mit einer Cancel Campaign umzugehen.

Hier könnt ihr euch den Input von Gizem anhören!

Erkenntnisse und Ausblick

  • Das menschliche Nervensystem ist unter kapitalistischen Verhältnissen, diskriminierenden Strukturen und vor allem auch im Clubkontext und eventuellen Drogeneinflüssen erhöhtem und andauerndem Stress ausgesetzt. In Konfliktsituationen führt dieser Stress zu einer fight-or-flight Reaktion bzw. zu einem Freeze Response, sodass es in diesem dissoziativen Zustand schwieriger wird, andere Menschen zu hören. In diesen Situationen ist es daher wichtig, nicht sofort zu reagieren, sondern innezuhalten und zu warten, bis Kapazität oder Raum vorhanden ist, um sich mit dem Konflikt und sich dem daran anschließenden Prozess in einem klaren und bewussteren Zustand auseinanderzusetzen.
  • Der embodied und trauma-informierte Ansatz sollte in die Schulung von Awareness-Teams und in die Entwicklung von Richtlinien für Veranstaltungen eingebunden werden, sodass im Falle von Diskriminierung und Konflikten nicht nur ein Bewusstsein dafür besteht, wie logistisch mit der Situation umgegangen wird, sondern auch dafür, was im Nervensystem der betroffenen Person und im Nervensystem der Person, die den Schaden verursacht hat, passiert. Es ist wichtig, zu verstehen, dass sowohl die betroffene als auch die tatausübende Person dissoziieren können und lernen, wie wir in diesen Momenten navigieren und unterstützen können.
  • Um Menschen, die Schaden verursacht haben, wieder einen Weg zurück in die Community zu ermöglichen, ist es auf der einen Seite wichtig, dass sie ihre Tat eingestehen und bereit und willig sind, an sich zu arbeiten und den Prozess aktiv mitzugehen. Auf der anderen Seite leben wir in einem strafenden Staat, in dem wir es nicht nur gewohnt sind, sondern sogar Vergnügen daran finden, tatbegehende Personen zu bestrafen. Daher ist es notwendig, dass sich die Community dieses Vergnügen eingesteht und somit offen wird, einen anderen Weg zu finden, um Systeme der Gerechtigkeit zu transfomieren und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.
  • In Konfliktsituationen sind immer mehr Rollen beteiligt als nur Opfer und Täter:in, wie beispielsweise Bystander und Zeug:innen. Für Community Accountability Prozesse ist es wichtig, diese Binaritäten aufzubrechen und sich bewusst zu machen, dass Rollen fluide sind und sich je nach Kontext auch verändern können.
  • Eine Möglichkeit für nachvollziehbare Community Accountability Prozesse ist die Schaffung von transparenten Kommunikationsprozessen. Wir brauchen für das Durchführen und Begleiten von Accountability Prozessen mehr nachhaltige Instrumente und Umgangsweisen als toxische Schuldzuweisungen und “Cancel-Kulturen” in den sozialen Medien sowie externe Unterstützung und Förderung für Schulungen zur Schadensminderung und Entwicklungen von Strukturen und Ressourcen innerhalb unserer Clubs.