Der Konsum von G (auch GHB/GBL oder Liquid Exctasy) im Clubkontext hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Seit der Wiedereröffnung der Clubs hat die öffentliche Debatte darum in Berlin noch einmal neue Relevanz bekommen und polarisiert aufgrund sehr unterschiedlicher Perspektiven und Herangehensweisen an das Thema. G ist eine besonders risikoreiche Substanz. Aus Unwissenheit und Unachtsamkeit kommt es oft zu Überdosierungen, die vor allem bei Mischkonsum mit Alkohol und anderen Downern auch tödlich verlaufen sind.

Deshalb stehen wir weiter ein für einen verantwortungsbewussten und offenen Umgang mit dem Thema. Um diesen Dialog aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, Verantwortlichkeiten und Herausforderungen tiefergehend zu diskutieren, widmen wir dem Thema G den nächsten Roundtable der Awareness Akademie und laden euch herzlich dazu ein.

26.11.2021, 19:00-21:00 Uhr

Alte Münze Berlin, Molkenmarkt 2, 10179 Berlin

Anmeldung hier. 

Den Roundtable könnt ihr euch hier nochmal anschauen. 

SPEAKER:INNEN

Pansy ist die Bühnen- und Internet-Persona von Parker Tilghman. Die gebürtige Amerikanerin und Künstlerin entwickelte ihre Arbeit zunehmend in Nachtclubs, auf Festivals und in öffentlichen Kulturinstitutionen. Für sie sind Drag eine Ausdrucksform, die soziale Gerechtigkeit und Stimmen anderer weiblicher*, trans* und nicht-binärer Künstler:innen fördert. In ihrer Arbeit mischt sie Comedy und Camp um Themen wie HIV, Rassismus, psychische Gesundheit und sexuelle Gewalt zu diskutieren. Außerdem kostet pansy jeden Monat die Veranstaltung „Let’s Talk About Sex & Drugs“.

Rüdiger Schmolke ist Gesundheitswissenschaftler und arbeitet seit 25 Jahren im Bereich der niedrigschwelligen, akzeptierenden Drogenarbeit. Er ist aktiv im Vorstand des SONICS Safer Nightlife Bundesverband und einer der Koordinator:innen bei SONAR – Safer Nightlife Berlin.

Charlotte Hirz ist klinische Psychologin. Sie arbeitet beim Berliner Krisendienst, bei Lara e.V. – Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Frauen, als feministische Wissenschaftlerin und in der Beratung von Kindern und Jugendlichen im Schulkontext. Sie ist zudem seit einigen jahren aktiv im eclipse e.V. – psychedelische Krisenintervention.

Lukas Roediger ist Assistenzarzt für Psychiatrie im zweiten Jahr an der Charité. Er ist seit ca. 3 Jahren in der Arbeitsgruppe „AG Psychotrope Substanzen“ tätig. In diesem Rahmen hat Felix an mehreren Umfragen und Publikationen zum Thema „Partydrogen“ mitgewirkt.
Im Rahmen seiner stationären Tätigkeit auf der Intensivstation hat er ca. 10-20 stationäre GBL-Entzüge begleitet, Komplikationen und akute Intoxikationen im Konsiliardienst (Beratung auf anderen Stationen) und in der Notaufnahme erlebt und behandelt.

Karina Nawrat betreibt das Booking für mehrere Clubs in Berlin sowie in Polen und hostet einen Floor beim Undercity Festival, PL. Die Veranstaltungen in den Clubs, die sie bucht, spiegeln ihr langjähriges Interesse an der Schaffung eines inklusiven, experimentellen und sicheren Raumes für Künstler:innen mit unterschiedlichem sozialen und musikalischen Hintergrund wider. Karina hat eine Reihe von queeren Events in von ihr gebuchten Clubs wie RIOT, Mala Junta, BRENN, DURCH und vielen anderen veranstaltet.

Erkenntnisse und Ausblick

  • GBL ist leicht zugänglich: es kann billig und legal im Internet gekauft werden. GBL zählt zu einer der risikoreichsten Drogen, da das Abhängigkeitspotential sehr groß ist und eine Überdosierung leicht passieren kann. Eine Überdosierung hat Bewusstlosigkeit, Verlust der Atemfähigkeit und Tod zur Folge haben. Der GBL Konsum hat in den letzten Jahren in Berlin kontinuierlich zugenommen. Daher ist es wichtig, Konsumierende über Safer Use und die Risikofaktoren aufzuklären. 
  • Die Perspektive auf G ist geprägt von den Erfahrungen von Frauen, die gegen ihren Willen unter diese Droge gesetzt und dann belästigt und/oder vergewaltigt wurden. Die Arbeit mit Menschen, die unter dem Einfluss von G unter Drogen gesetzt und dann vergewaltigt wurden, kann leicht dazu führen, der Substanz die Schuld zu geben oder die Substanz in den Vordergrund zu stellen. Jedoch ist das ist nicht das Problem. Das Problem ist nicht die Substanz, sondern das Patriarchat und die Menschen, die andere Menschen vergewaltigen. 
  • Es sehr wichtig, über G aufzuklären und daran zu arbeiten, das Stigma zu beseitigen, das diese Droge umgibt. Das Stigma wirkt wie eine zweite Krankheit, weil die Menschen so viel Angst haben, mit der Substanz in Verbindung gebracht zu werden. Die Eröffnung einer Diskussion ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen uns darauf konzentrieren, wie wir die Menschen unterstützen, schützen und ihnen helfen können, und nicht darauf, sie zu kontrollieren und zu bestrafen. 
  • Die unmittelbare Reaktion auf G ist Verbot und Bestrafung. Wir wissen aus der Geschichte, dass Verbote nicht funktionieren. Safer G Use wird in Clubs häufig erschwert: Menschen werden in dunkle Ecken gedrängt, so dass sie nicht richtig dosieren können. Sie sind gezwungen, Werkzeuge und Techniken zu verwenden, die unsicher sind, weil sie ihnen am Eingang abgenommen werden und sie dann nicht richtig messen können; wenn doch etwas passiert, wenden sie sich nicht an die richtigen Kanäle, um (richtige) Hilfe zu bekommen. 
  • Allerdings ist es ebenfalls wichtig zu verstehen, dass es aus Sicht der Clubcommission  schwierig ist, die Verantwortung für eine Behörde oder einen sicheren Club zu übernehmen, aber gleichzeitig auch für alle Clubbesucher:nnen verantwortlich zu sein. Auf Clubs und Nightmanager:innen lastet zudem ein großer Druck und eine hohe Verantwortung. Sie haben Angst vor Konsequenzen und Rückschlägen in der Öffentlichkeit sowie bei der Polizei. Auch wenn es im Sinne der Veranstalter:innen und Clubbesitzer:innen ist, über sichereren Drogenkonsum aufzuklären, steht dieser Wille immer in Konflikt mit der Drogenpolitik der Stadt. Clubs in Berlin sind eine sehr prekäre Einrichtung mit begrenzten Ressourcen und sie stehen in der ständigen Spannung zwischen der Existenz als finanzielle/ wirtschaftliche Institution und der Tatsache, dass sie gleichzeitig ein wichtiger kultureller und verbindender Ort für viele Menschen sind. 
  • Menschen müssen über den sicheren Gebrauch von G aufgeklärt werden. Diese Aufklärung kann z.B. auf Partys direkt passieren: Sonar bietet leicht zugängliche und kostenlose Beratungsdienste/ Infostände auf Partys an. Clubs sollten vermehrt als Orte funktionieren, an denen Strategien zur Schadensminderung zur Verfügung gestellt, sich über sicheren Konsum informiert und Hilfe geholt werden kann. Clubs können zu einem wichtigen informellen Ort werden, ohne dass die Polizei involviert ist! Außerdem ist es notwendig, sich mehr auf die Änderung der Drogengesetze zu konzentrieren, mit den Verantwortlichen zu reden und zu zeigen, dass Schadensminderung langfristig funktioniert und dass diese Lebensweise gerechtfertigt ist und sicher praktiziert werden kann. 
  • Für gezielte Harm-Reduction Trainings für Security, Bar-, Tür und Garderobenpersonal sowie Awareness-Teams fehlt es an Geld und Ressourcen. Es ist notwendig, mehr Studien durchzuführen, um leichter Förderung beantragen zu können. 
  • Der Schlüssel in der Diskussion um G ist es, alle Seiten in der polarisierenden Debatte zu verstehen und dazwischen zu navigieren sowie weiter konstruktive Gespräche zu führen

 

Ressourcen

SONAR Safer Nightlife Berlin: Prevention and Harm Reduction Project, offer information desks, counselling and trainings to the Berlin party scene

Eclipse e.V.: Verein für akzeptanzorientierte Drogenarbeit und psychedelische Krisenintervention

Neue Drogen Mindzone: Informations- und Beratungsangebot vom Landes-Caritasverband Bayern e.V. und informiert über die Wirkungen und Risiken von Neuen psychoaktiven Substanzen (NpS). Es bietet Interessierten und Ratsuchenden aktuelle und fundierte Substanzinformationen sowie die Möglichkeit, auf unkomplizierte Weise professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

(apo)THEKE – Safer Nightlife: Peergestütztes Angebot für Fragen rund um die Themen Gesundheitsförderung im Nachtleben, safer use, Konsumkompetenz und Schadensreduzierung.

Best Clubbing: Schulungsprogramm zur Gesundheitsförderung im Partysetting

Drugcom: Das Internetportal informiert über legale und illegale Drogen und bietet Interessierten und Ratsuchenden die Möglichkeit, sich auszutauschen oder auf unkomplizierte Weise professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Ziel des Angebots ist es, die Kommunikation über Drogen und Sucht anzuregen und eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsumverhalten zu fördern.

man*Check: Informationen zu Drogen und Safer Use

Mindzone: Information & Beratung im Zusammenhang mit Partydrogen und Neuen psychoaktiven Substanzen. Prävention & Gesundheitsförderung im Partysetting